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Mithilfe von KI die Passgenauigkeit im Bewerbungsprozess optimieren

Ein Interview mit Andreas Wartenberg, Geschäftsführer der Hager Unternehmensberatung und Chairman von Horton International
 

Seit gut zehn Jahren gestaltet Andreas Wartenberg als Mitglied der Geschäftsführung die Hager Unternehmensberatung maßgeblich mit. Komplexität motiviert ihn. Darum arbeitet der Experte für Technologiemanagement und Digitalisierung so gerne mit Menschen. Sein Schwerpunkt liegt in der Personalberatung. Gerade auf den Führungsebenen treffen unterschiedlichste Charaktere aufeinander. Das birgt enorme Chancen, aber auch nicht zu unterschätzende Konfliktpotenziale. Deshalb ist die Frage der Beurteilung der Passgenauigkeit und Fähigkeit eines Kandidaten ein zentrales Element für die Personalberatung.

Aktuell beschäftigen sich die Hager Unternehmensberatung und Andreas Wartenberg im Rahmen einer Studie intensiv mit der Zukunft von Executive Search und damit auch mit der Rolle von künstlicher Intelligenz bei der Personalsuche und Personalentscheidungen. Wie kann künstliche Intelligenz dabei helfen, die „Passfähigkeit” von Bewerbern auf Stellengesuche von Unternehmen zu optimieren? Im Interview mit Gunnar Brune von AI.Hamburg nennt Andreas Wartenberg verschiedene Beispiele, die zeigen, wie und wo schon heute KI in der Personalberatung eingesetzt wird, z. B. in LinkedIn's Recruiting Tool, bei der Sichtung von hunderten von Bewerbungen oder zur Analyse der Mimik in Interviews. Zudem wagt er einen Blick in die nahe Zukunft und zeigt im Zuge dessen auch die Grenzen auf, außerhalb derer die Personalberatung dann doch nicht auf die menschliche Komponente verzichten kann.



Gunnar Brune/AI.Hamburg: Andreas Wartenberg, was machen Sie und was machen Sie mit künstlicher Intelligenz?
Andreas Wartenberg: Die Hager Unternehmensberatung ist eine der größten Personalberatungen Deutschlands mit 100 festangestellten Mitarbeitern. Wir sind fokussiert auf das Top- und Middle-Management. Die Vermittlung erfolgt im Modus der Direktsuche. Für uns geht es darum, Kandidaten zu finden, zu evaluieren und zu beurteilen und dem Kunden die bestmöglichen und passendsten Kandidaten für die Vakanzen vorzustellen. Hierbei ist es wichtig, nicht nur eine fachliche, technische und handwerkliche Passung vornehmen zu können, sondern auch eine Persönlichkeitspassung: Wer passt zu wem auf einer interpersonellen Ebene und wer passt in welche Unternehmenssituation hinein – Stichwort Kultur. Oder auch: Wer passt in eine bestimmte Führungsaufgabe: Return on Investment, neue Wachstumsstrategien/Etablierung neuer Services, Herunterfahren/Konkurs verwalten. Das sind sehr unterschiedliche Szenarien, in die Unternehmenseinheiten oder Businessunits geraten können. Keine Person hat alle Fähigkeiten, um alle Aufgaben zu lösen. Deswegen ist die Anforderung an die von uns zu findenden Personen oftmals sehr individuell und mit dem Unternehmen, den Teams und den handelnden Personen verbunden.

Um diese Passfähigkeit herzustellen, wird in den nächsten Jahren natürlich verstärkt der Einsatz von Künstlicher Intelligenz erwartet. Es gibt schon einige bestehende Anwendungen und immer mehr neue Software-Tools und Lösungen, in die AI integriert wird und wo verschiedene Aufgaben mit AI gelöst werden. Deswegen ist es für uns entscheidend, uns mit diesen Themen und Technologien auseinanderzusetzen. Zum einen, um zu wissen, was es gibt, welche Technologien und Lösungen, Softwareprodukte und Services für uns adaptierbar sind oder sogar genau für unsere Branche erschaffen wurden. Zum anderen, um zu erfahren, welchen Mehrwert man mit ihnen tatsächlich generieren kann.

Gunnar Brune/AI.Hamburg: Können Sie uns ein Beispiel für künstliche Intelligenz nennen, mit der Sie wirklich täglich arbeiten?
Andreas Wartenberg: Zu den Anwendungen, die heute schon künstliche Intelligenz integriert haben, zählt das Personal-Suchmaschinen-Portal LinkedIn. Ganz besonders das Produkt „LinkedIn-Recruiter“. Das ist ein sehr vermenschlichter Service. Es ist ein Tool, das Personalberater und Headhunter auf der ganzen Welt nutzen. Über dieses spezielle Suchtool hat man mehr Suchmöglichkeiten als der normale LinkedIn-Lizenznehmer. Zum Beispiel sind die Fundstellen, also die Suchergebnisse, bereits von AI vorsortiert. Wenn ich ein Stichwort wie Wechselwahrscheinlichkeit angebe, dann wird diese mit Hilfe der AI prognostiziert und ich kann die Ergebnisse danach sortieren. So etwas geht heute mit Künstlicher Intelligenz schon sehr gut.

Gunnar Brune/AI.Hamburg: Was ist für Sie das aktuell spannendste KI-Projekt der Hager Unternehmensberatung?
Andreas Wartenberg: Bei uns gibt es verschiedenste Handlungsstränge. Es gibt nicht ein Projekt allein, mit dem wir uns beschäftigen, denn Künstliche Intelligenz wird bei uns große Innovationskraft entfalten. Es gibt und wird neue Werkzeuge und Services geben, die Dinge möglich machen, die bisher nicht möglich waren. Ich gebe Beispiele: Nehmen wir das Thema Gesichtserkennung. In der Personalberatung geht es nicht allein darum, eine Person zu identifizieren. Wir wollen wissen, wann sie lügt, wann sie die Wahrheit sagt, unsicher ist, flunkert, sich aufs Glatteis bewegt oder übertreibt. Das sind alles Dinge, die man am Gesicht, an der Gesichtssprache ablesen kann. Es gibt sehr wenige Menschen in der Welt, die das persönlich können, sie beobachten dafür Merkmale im Gesicht, die Regungen der Gesichtsmuskulatur: Wann die Augenbrauen hoch gezogen werden, wann die Mundwinkel herunter gehen, sie achten grundsätzlich auf den Gesichtsausdruck an bestimmten markanten Punkten eines Menschen als Reaktion auf bestimmte Fragen. Heute macht man das mit einem videogestützten Interview, das von AI analysiert wird.

Wir können uns also durchaus gegenübersitzen, aber die Kamera zeichnet das Gesicht meines Gegenübers auf und dort läuft eine Software, welche die Auswertung macht. Das geht nur über KI in Verbindung mit Big Data – wie fast alle KI-Lösungen mit Big Data im Zusammenhang stehen. Hast Du kein Big Data, dann ist KI nicht die Hälfte wert, denn Du brauchst dafür einen großen, großen Datenpool.

Künstliche Intelligenz wird möglich machen, was bisher nicht möglich war. Sie wird das Vergleichen von vielen tausend Bewerbungsunterlagen im Detail möglich machen. Nehmen wir das Anschreiben, die Wortwahl, die Satzstellung, die Formulierungen. Sie geben Aufschluss darüber, mit welcher Persönlichkeit ich es zu tun habe. Ist das jemand, der selbstsicher ist und frei schreiben kann, ist das jemand, der auf Formalien achtet, ist das jemand, der irgendwelche Texte aus anderen Anleitungen kopiert hat, sind 08/15-Standardsätze darin oder ist es individuell? Ist der Bewerber mutig, nimmt er gewagte, also herausfordernde Vokabeln, hat er Fragezeichen oder Ausrufesätze in seinem Anschreiben? Oder ist das eher das Lamm, das sich anbietet, das sagt: „Ich bin ein/e treuer/e Gefolgsmann/-frau, deswegen schreibe ich auch so, wie ich schreibe.“ Big Data in Verbindung mit KI macht es möglich, genau das auch bei großen Mengen von Bewerbungen herauszufiltern und zu fragen, was dabei herauskommt.

Das waren zwei Beispiele für das Thema KI in der Personalsuche, ein weiteres Thema sind Chatbots. Wir alle kennen das Google-Beispiel des Friseurtermins, der telefonisch mit einem sprechenden Chatbot vereinbart wird. Das funktioniert in gewissem Maße auch bei einem Pre-Screening, also in der anbahnenden Interviewphase. Oder beim Erstkontakt mit einem Kandidaten: Auch hier wäre es möglich, intelligente, sprechende Chatbots im Online-Service zu schalten und eine erste Auswahl der Kandidaten nach zuvor definierten Fragen durchführen zu lassen.

Wo macht das Sinn? Das wird heute schon getan. Und zwar dort, wo man eine Vielzahl von Bewerbern auf eine geringere Anzahl von Stellen hat. Zum Beispiel, wenn ein großes Telekommunikationsunternehmen ein neues Callcenter in einer Geographie dieser Welt eröffnen möchte. Dann kann es sein, dass für 100 Stellen 800 Kanditen interviewt werden müssen. Dies durch einen Chatbot machen zu lassen, erspart viele menschliche Ressourcen und natürlich Geld.

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AI.Hamburg ist Gründungsmitglied der AI4Germany Initiative, bei der sich führende Initiativen im Bereich künstliche Intelligenz (KI) zusammenschliessen, um die lokale Wirtschaft und Gesellschaft in Deutschland aktiv bei der Anwendung von künstlicher Intelligenz zu unterstützen – und damit Deutschland ins KI-Zeitalter zu begleiten. Ganz konkret fördert AI.Hamburg den breiten Einsatz von künstlicher Intelligenz und insbesondere des maschinellen Lernens in Unternehmen im Norden durch Erfahrungsaustausch und Wissensvermittlung auf einschlägigen AI Events wie dem AI InfoBreakfast und verschiedenen Workshop-Formaten.

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