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„Mit künstlicher Intelligenz die Zukunft sichern“

Ein Interview mit Alessandro Brandolisio und Michael Leitl
 

Unsere KI-Experten von INDEED Innovation haben beim Hamburg@work Online-Event darüber gesprochen, wie man mit KI die Zukunft sichern kann. Jetzt haben Alessandro Brandolisio, Michael Leitl und Karel Golta ihr Wissen verschriftlich: Im Ende März erscheinenden "The AI Toolbook" erklären die Autoren, wie KI-Anwendungskonzepte auch ohne KI-Expertenwissen entwickelt werden können.

Hamburg@work verlost vorab je ein Exemplar an die ersten drei Mitglieder, die uns folgende Frage beantworten: Warum ist künstliche Intelligenz so wichtig für Innovation? Das Interview mit Alessandro und Michael gibt bereits erste Antworten.


 

Ohne künstliche Intelligenz ist bahnbrechende Innovation heute kaum noch möglich. Zu komplex sind die Herausforderungen von Klimawandel bis Marsbesiedelung.
Das Wissen, wie man KI im Unternehmen sinnvoll einsetzt, haben jedoch die Wenigsten.
Das AI Toolbook schließt diese Lücke.


Laura Bernschein/Hamburg@work: Warum ist künstliche Intelligenz so wichtig für Innovation?

Michael Leitl: Wir leben in einer Zeit, in der wir immer schneller Antworten auf komplexe Fragen benötigen. Das Beispiel der Corona-Pandemie zeigt das eindringlich. Einen Impfstoff zu entwickeln, ist nur möglich, wenn bekannt ist, wie das Virus-Protein aussieht. Seine Form ist der Schlüssel. Die Struktur zu ermitteln kostet bei unbekannten Proteinen Monate oder sogar Jahre. Da Sars-CoV-2 mit dem bereits gut erforschten SARS- Virus verwandt ist und leistungsfähige KI-Tools wie zum Beispiel die der Google-Tochter Deepmind bei der Modellierung unterstützten, brauchten mehrere Forscherteams rund um den Globus nur vier Wochen. In dieser Zeit steckten sich jedoch bereits über 73.000 Menschen mit dem neuen Virus an. Auch die extrem schnelle Entwicklung geeigneter Impfstoffe verdanken wir der KI-gestützten Forschung.
Alessandro Brandolisio: Das heißt: Immer dann, wenn es darum geht, komplexe Zusammenhänge oder versteckte Muster zu erkennen, hilft uns künstliche Intelligenz. Der Vorteil liegt auf der Hand: es geht schneller, die Qualität ist höher oder es werden Zusammenhänge identifiziert, die man als Mensch auch auf den zweiten Blick gar nicht erkennen würde. Corona ist in diesem Zusammenhang ein riesiges Experimentierfeld, das sehr gut zeigt, wo versteckte Muster identifiziert werden können. Das Robert Koch-Institut (RKI) zum Beispiel analysiert Ruhepuls- und Fieberdaten, um daraus auf eine Infektion schließen zu können; ein Forscherteam in München analysiert Sprachproben, weil die Stimmbänder bei einer Infektion anders schwingen als in gesundem Zustand. KI-Systeme können diese Abweichungen erkennen.

Laura Bernschein/Hamburg@work: Wie weit ist Deutschland in diesem Innovationsprozess? Und wen würdet ihr als Spitzenreiter im internationalen Vergleich betrachten?

Michael Leitl: 2021 ist das Jahr, in dem KI einen enormen Schub erfährt. Die Anwendungen erreichen nun eher die Masse. Waren es vorher komplexe Aufgaben wie die Einkaufsprognose bei Supermärkten oder Online-Shops, werden nun zunehmend auch einfachere Aufgaben mit KI gelöst. Vor allem Startups befassen sich sehr intensiv mit den Möglichkeiten. Im Innovationsprozess selbst werden die Möglichkeiten oft noch stark unterschätzt. Alessandro Brandolisio: Wir sehen nun erste Anbieter, die zum Beispiel KI-gestütztes Design anbieten. Zudem gibt es Ansätze bei der Analyse von Kundenbedürfnissen und sehr stark auch beim Testen von Prototypen. Anders als im Marketing oder in der Produktionssteuerung steckt das Thema im Bereich Innovation selbst eher noch in den Kinderschuhen.

Laura Bernschein/Hamburg@work: Wie schaffen es Neulinge, in das Thema einzusteigen? Was würdet ihr Interessierten empfehlen?

Alessandro Brandolisio:
Das Wichtigste ist, die Scheu abzulegen. KI ist zwar komplex, aber wer einmal durchschaut hat, wie Anwendungskonzepte strukturiert sind, lernt damit sehr schnell umzugehen. Es ist wie das Lernen einer neuen Sprache: Sobald die Grundzüge klar sind, wird das Formulieren von Sätzen immer einfacher.
Michael Leitl: Dazu gehört auch der Austausch mit anderen. In jeder größeren Stadt gibt es inzwischen Netzwerke – in Hamburg sind AI.HAMBURG und das ARIC sehr aktiv. Dort finden sich Ansprechpartner, die bei den ersten Schritten helfen. Wichtig ist, sich nicht zu viel auf einmal vorzunehmen. Erst mal ein kleines Projekt mit niedriger Komplexität zum Testen. Man lernt dabei unheimlich schnell sehr viel – und hat auch schnell ein Erfolgserlebnis.
Alessandro Brandolisio: Es gibt schon enorm viele fertige KI-Modelle, bei denen der Webbrowser als Werkzeug reicht. Man kann zum Beispiel seine eigene Bilderkennungs-KI trainieren, ohne eine Zeile Code schreiben zu müssen. Dazu reichen Monitor und Maus – und eine kleine Menge Bilder. Das zu erleben, öffnet einem sehr schnell die Augen für die Möglichkeiten dieses Werkzeugs.

Laura Bernschein/Hamburg@work: Inwiefern kann „The AI Toolbook“, das ihr gemeinsam mit Karel Golta geschrieben habt, dabei helfen, Anwendungskonzepte aus dem Gebiet der künstlichen Intelligenz für die Geschäfts-, Produkt- und Serviceentwicklung zu erarbeiten?

Michael Leitl: Unser Framework liefert die Struktur. Wie Alessandro schon gesagt hat, wer den Aufbau von Anwendungskonzepten kennt, tut sich leichter. Wir haben daher sämtliche Arbeitsschritte analysiert und in kleine Einzelschritte aufgeteilt. Zu jedem dieser zehn Schritte gibt es konkrete Tipps und Templates. Dadurch sinkt die Einstiegshürde enorm. Wir nehmen mit unserem Template-System die Anwender sozusagen an die Hand und begleiten sie durch den gesamten Prozess. Am Schluss haben sie dann eine konkrete Vorlage, um das Konzept mit Experten zu diskutieren und zu einem Prototyp auszubauen.

Laura Bernschein/Hamburg@work: Könnt ihr ein Best Practice Beispiel nennen, das zeigt, wie Innovation mithilfe von KI gelungen ist?

Alessandro Brandolisio: Ein typisches Problem bei der Innovationsarbeit ist das Herausarbeiten von Erkenntnissen über die wahren Bedürfnisse von Kunden oder die Ursache von Problemen. Jeder kennt doch das lästige Warten bei der Sicherheitskontrolle am Flughafen. Da wird umständlich ausgepackt, umgepackt, in Taschen nach vergessenen Münzen gekramt – alles Aktivitäten, die den Betrieb aufhalten. Ein Team an einem Flughafen in Singapur hat sich mit dem Problem auseinandergesetzt und schnell festgestellt, dass es mit typischer Nutzerrecherche nicht weiterkommt. Die Antworten waren nicht aussagekräftig genug. Was tun? Das Team entschied sich für einen KI-Ansatz für die Analyse. Sie ließen eine Woche lang Videokameras die Bewegungen vor, während und nach der Sicherheitskontrolle aufzeichnen. Ein KI-Modell analysierte anschließend, welche Gegenstände und Bewegungsmuster zu Verzögerungen im Ablauf führten. Das KI-Modell lieferte einen Zusammenschnitt der relevantesten Szenen aus tausenden Stunden Videomaterial. An dieser Stelle kamen die Researcher wieder ins Spiel. Nun konnten sie das Best-of durchsehen und auswerten. So kamen sie darauf, dass es unter anderem Geschäftsleute beim Ausziehen und Zusammenlegen ihrer Jackets waren, die für Stau gesorgt haben. Im anschließenden Design Sprint entwickelte ein Innovationsteam auf der Basis dieser Erkenntnisse einen fahrbaren Kleiderständer für den First Class Bereich, der wie ein Trolley in der Schlange mitgeschoben werden konnte. Damit war das Problem gelöst.  

 

Laura Bernschein/Hamburg@work: Zuletzt ein Blick in die Zukunft: Welchen Stellenwert wird die Anwendung von KI im Unternehmensalltag eurer Meinung nach zukünftig einnehmen? Experten-Technologie oder Innovationsgrundlage für alle?

Michael Leitl: In Zukunft werden wir KI-Anwendungen erleben, die wie ein Homepagebaukasten heute einfach per Drag and Drop zusammengesetzt werden können. Ansätze sehen wir bereits heute. Und in Konzernen wie Facebook reicht das Spektrum von KI-Anwendungen und komplexen Systemen, die nur Machine Learning Experten bedienen können bis zu browserbasierten Anwendungen, bei denen man kaum mehr erahnt, dass da KI im Dienst ist. Das passiert uns im Übrigen im Alltag auch heute schon ständig. Wenn wir Alexa, Siri oder Hey Google sagen und die Computerstimme uns den nächsten Termin nennt, eine Bestellung entgegennimmt oder eine bestimmte Playlist startet, ist immer künstliche Intelligenz im Hintergrund aktiv.